Andreas Edler berichtet kritisch, daß vorgeschlagen wird, für alle 44 Mitglieder des Stadtrats Bad Oeynhausen sowie elf Mitglieder der Verwaltung iPads samt Zubehör zu kaufen. Das soll geschätzte 40000 Euro alle fünf Jahre (8000 Euro pro Jahr) kosten. Um die hohen Druckkosten von 20000 Euro pro Jahr einzusparen, da bisher jedes Ratsmitglied alle Unterlagen auf Papier erhält – auch wenn es gar nicht in jedem Ausschuß sitzt.

Nun bin ich langjähriger Apple-Nutzer und halte iPads für die besten Tablets. Aber mit dem Vorschlag gibt es mehrere Probleme, wie ich auch schon bei Andreas hastig kommentiert habe, insbesondere:

  1. Die Finanzierung.
  2. Die eingeschränkte Wahlfreiheit.

Bei den iPads kann man von drei, maximal vier Jahren sinnvoller Nutzungsdauer ausgehen. Länger darf man nicht auf Aktualisierungen des Betriebssystems iOS von Apple hoffen. Selbst falls es ein aktuelles iOS gibt, dürfte es auf drei, vier Jahre alter Hardware nicht mehr besonders flüssig laufen. In veralteten, nicht mehr unterstützten iOS-Versionen werden Sicherheitslücken nicht mehr behoben. Außerdem dürfte der Akku nach drei Jahren recht schwach sein. Die im Antrag vorgesehene Nutzungsdauer von fünf Jahren ist nicht realistisch. Auch sehr wahrscheinlich notwendige Ersatzgeräte sind nicht eingeplant. Dementsprechend dürften die Kosten deutlich höher als 40000 Euro in fünf bzw. 8000 Euro pro Jahr ausfallen. Damit dürften die Einsparungen von geschätzten 5500 Euro im Jahr auch geringer ausfallen.

Anstatt alle Ratsmitglieder mit einem iPad Air 2 (64 GB, 589 Euro) auszustatten, sollte man dafür sorgen, daß jedes Ratsmitglied mit dem Medium arbeiten kann, mit dem es arbeiten möchte. Wenn jemand ein Android- oder Windows-Tablet, ein Smartphone, ein Notebook oder den heimischen Schreibtischcomputer mit großem Bildschirm – egal ob mit den Betriebssystemen Windows, Mac OS X, Linux oder *BSD –, ein handlicheres iPad mini (ab 289 Euro) oder sogar wie gehabt Ausdrucke auf Papier verwenden möchte, soll er das gerne tun.

Dafür ist es nötig, die Grundlagen für Wahlfreiheit beim Arbeitsmaterial zu schaffen: Das Ratsmitglied soll selbst wählen können, ob es die Daten elektronisch oder auf Papier (oder beides) erhält. Und für die elektronische Variante es notwendig, sie in offenen, dokumentierten und allgemein unterstützten Datenformaten wie Reintext (Plaintext, .txt), HTML, OpenDocument (LibreOffice, OpenOffice) und PDF anzubieten. Bitte nicht die Arbeit von einer »App« auf wenigen Plattformen abhängig machen.

Außerdem muß der Zugang zu diesen elektronischen Dokumenten in offenen Formaten einfach sein. Es darf nicht zig Klicks und »Tipps« benötigen, man muß das auch automatisiert laden und verarbeiten können (zum Beispiel mittels Script, mittels Download-Programm, über einen RSS-Feed oder per E-Mail). Auf Wunsch zum Beispiel die Dokumente für eine Sitzung alle hintereinander weg komplett in einer großen Datei; oder auch je nach Geschmack jeden Antrag als einzelne Datei.

Wenn ein Ratsmitglied ein iPad nutzen möchte – bitte, gerne, ich kann das nur empfehlen. Jedoch sollte es die Wahlfreiheit für das Medium haben. Und sein Arbeitsmaterial selbst finanzieren (und bei sehr vielen werden entsprechende Geräte schon vorhanden sein). Es sollte doch jedem Ratsmitglied möglich sein, von der Ratsentschädigung von 263,80 Euro monatlich ein bis drei Auszahlungen für ein elektroniches Gerät nach seinem Wunsch zu investieren. Ohne daß der Steuerzahler noch einmal extra für »iPads für alle« zahlen muß.

Um iPads, andere Tablets, Smartphones und Notebooks gut nutzen zu können, ist weiterhin ein verbessertes WLAN im Rathaus notwendig. Das sollte man dann gleich per Freifunk allen Interessierten unkompliziert zur Verfügung stellen und kostet weniger als hundert Euro für die Anschaffung der WLAN-Router sowie einige Dekaminuten zum Einrichten der Freifunk-Software.

Andreas Edler hat seine praktische Erfahrung mit der papiernen und elektronischen Arbeit im Rat(sinformationssystem) beschrieben – auch schon im Jahr 2012. Ich bin da ganz seiner Meinung.

PS: Auch sollte man überdenken, ob es tatsächlich das iPad Air 2 mit 64 Gigabyte Speicher für den Apple-Preis von 589 Euro sein muß. Denn wenn es nur um die Ratsarbeit geht, dürften das sehr textlastige Dokumente sein, die nicht viel Speicherplatz verbrauchen, sodaß auch das iPad Air 2 mit 16 Gigabyte Speicher für den Apple-Preis von 489 Euro ausreichen dürfte. Hundert Euro pro Gerät gespart, macht 5500 Euro Gesamtersparnis, das sollte man sich überlegen. Wobei dann für andere – private? – Nutzung nicht mehr viel Speicher übrig wäre, man müßte dann auf viele Apps und Medien (Videos) verzichten. Ideal in Sachen Kosten/Nutzen wäre vermutlich ein iPad mit 32 Gigabyte Speicher, aber diese Speichergröße bietet Apple nicht für das iPad Air 2 an.

Fazit (TLDR): Es soll jeder das Arbeitsgerät kaufen und verwenden, was er mag. Von seinem eigenen Geld.


Nachtrag vom 2015-05-16:

Nachtrag vom 2015-05-25:

Nachtrag vom 2015-12-29:

Andreas Edler schreibt über den aktuellen Stand »Papierloser Rat«, nämlich daß der Vorschlag der Verwaltung nicht beschlossen wurde, sondern immer weiter vertagt und beraten und das Konzept überarbeitet wurde.