Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) (englisch: Body of European Regulators for Electronic Communications (BEREC)) hat am 30. August 2016 seine Richtlinien zur Netzneutralität veröffentlicht, die von den Regulierern der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – wie der Bundesnetzagentur in Deutschland – einzuhalten sind: BEREC Guidelines on the Implementation by National Regulators of European Net Neutrality Rules (BoR (16) 127) (PDF).

Diese Richtlinien basieren auf und konkretisieren die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (PDF). (Puh!)

Damit scheint nach ersten Medienberichten die Netzneutralität in der EU weitgehend gesichert zu sein.

Wobei es immer noch Möglichkeiten für zukünftige »Spezialdienste« (da wird als Beispiel immer wieder Telemedizin genannt) und (eingeschränktes) Zero Rating gibt, welche nicht netzneutral sind. Bei Zero Rating werden bestimmte Angebote etwa für Datenvolumenbeschränkungen nicht berücksichtigt und damit bevorzugt behandelt.

Möglich bleibt auch Datenverkehrsmanagement, wenn ein Netzwerk angegriffen wird (zum Beispiel durch Denial of Service) oder aus anderen Gründen kurzzeitig unvorhergesehen überlastet ist. Die Integrität und Sicherheit des Netzwerks soll gewährleistet bleiben, wofür gegebenenfalls bestimmte Datenpakete anhand gewisser Eigenschaften anders behandelt werden müssen. Für häufig wiederkehrende, voraussehbare, längere Überlastungssituationen sind die Netzwerke auszubauen anstatt in die Netzneutralität einzugreifen.

Bei möglicherweise vorkommenden Einschränkungen der Netzneutralität, etwa durch Datenverkehrsmanagement (Traffic Management) oder Zero Rating, müssen trotzdem äquivalente Kategorien von Datenverkehr gleich behandelt werden. Es darf nicht ein bestimmter Dienst eines Anbieters gegenüber gleichartigen Diensten anderer Anbieter bevorzugt werden.


Forderungen gegen Netzneutralität hatte sich neben Telekommunikationsanbietern wie der Deutschen Telekom oder Vodafone auch der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft Günther Oettinger mit völlig unsinnigen Äußerungen angeschlossen.

Im Sommer hatte eine halbe Million EU-Bürger Kommentare bei einer Konsultation der BEREC eingereicht.

In den USA wurde Netzneutralität schon etwas früher festgeschrieben.

Was ist Netzneutralität?

Bei der Netzneutralität geht es darum, daß alle Datenpakete in der Infrastruktur der Telekommunikationsanbieter (Internet Service Provider (ISPs)) gleich behandelt werden – so wie es seit Anbeginn des Internets weit überwiegend üblich war und ist (Best Effort Internet). Datenpakete dürfen nicht je nach ihrem

  • Inhalt (etwa mit Deep Packet Inspection),
  • Absender oder
  • Empfänger

absichtlich

  • blockiert,
  • beschränkt,
  • verändert,
  • ausgebremst (»gedrosselt«),
  • beschleunigt (»Überholspuren im Netz«) oder
  • freigeschaltet

werden. Es soll verhindert werden, daß Nutzer und Diensteanbieter mehrfach von Internetzugangsanbietern zur Kasse gebeten werden oder daß Netzwerkinfrastruktur nicht ausreichend ausgebaut wird.

Große Unternehmen könnten sich eine Bevorzugung ihrer Datenpakete finanziell eher leisten als junge Unternehmen (wie Startups), welche eine starke Innovationskraft im offenen Internet darstellen, oder gar Internetangebote von Privatpersonen (dank des Internets ist ja jeder Teilnehmer nicht nur »Empfänger«, sondern kann auch »Sender« (Inhalteanbieter) sein). Und Kunden müßten neben ihrer monatlichen Pauschale für den Internetzugang noch einmal extra an ihren Internetanbieter zahlen, wenn sie beispielsweise Videos ruckelfrei sehen oder überhaupt Zugriff auf bestimmte Dienste bekommen wollten.

Konkrete Beispiele

Die folgenden Beschränkungen sind bisher bei manchen Telekommunikationsanbietern schon vorgekommen – und sind nach den BEREC-Richtlinien zur Netzneutralität zu unterlassen:

Netzneutralität garantiert, daß Mobilfunkanbieter ihren Kunden nicht das Tethering verbieten können. Mit Tethering kann man etwa das Mobilfunk-Internet seines Smartphones auch mit seinem Notebook oder Tablet mitnutzen, indem das Smartphone als WLAN-Hotspot quasi als Modem für die anderen Geräte fungiert. Diese Nutzung war bei einigen Mobilfunkverträgen unsinnigerweise untersagt – man sollte mehrere Verträge, für jedes Gerät einen, abschließen.

Mit Netzneutralität werden Internet Service Provider ein Verbot von Voice-over-IP-Internettelefonie (VoIP) wie Skype (als Konkurrenz zu Telefonverbindungen) oder Messengern wie WhatsApp (als Konkurrenz zu für Kunden vergleichsweise teuren und damit für Mobilfunkanbieter sehr lukrativen SMS oder MMS) in ihren Mobilfunknetzen auch nicht mehr durchsetzen können.

Netzneutralität verhindert ebenso das Verlangsamen oder Blockieren von Filesharing (etwa mit Bittorrent) oder das Verhindern von Virtual Private Networks (VPNs) für gesicherte private Verbindungen.