33C3-Vortrag »Es sind die kleinen Dinge im Leben«
André Lampe ist Physiker, Wissenschaftskommunikator und Science-Slammer – und stammt aus Bad Oeynhausen. Jetzt hat er auf dem 33. Chaos Communication Congress (33C3) des Chaos Computer Clubs einen Vortrag zur Mikroskopie gehalten: »Es sind die kleinen Dinge im Leben – von Mikroskopen, Wahrnehmung und warum das kaum jemanden interessiert«.
André Lampe hat die vergangenen sechs Jahre ein dSTORM-Mikroskop zur Verwendung in der Biochemie gebaut und erzählt über die Probleme und Lösungsmöglichkeiten bei Hochauflösungsmikroskopie. Bei seinem humorvollen, knapp 23-minütigem Vortrag (anschließend Fragen aus dem Publikum) sollte man sich nicht von einigen Fachbegriffen abschrecken lassen, ein grobes Verständnis der vorgestellten Verfahren sollte möglich sein – und man wird mit schönen Bildern und Videos unterhalten. (Sogar Fefe empfiehlt den Vortrag.)
Links
- André Lampes Blog: Die kleinen Dinge
- André Lampe bei Twitter: @andereLampe
- Vortragsvideo »Es sind die kleinen Dinge im
Leben
(auch auf Youtube)
- Linkliste für den Vortrag
- Vortragsankündigung »Es sind die kleinen Dinge im Leben im 33C3-Fahrplan
Nachtrag vom 2017-01-02: André Lampe hat einen Blogeintrag mit Tips zum Kauf günstiger Mikroskope geschrieben:
- Mikroskope – Dos & Don’ts beim Kauf; 2017-01-02
Meine Notizen zum Vortrag
- Phasenkontrastmikroskopie
- Fluoreszenzmikroskopie – Dinge einfärben
- Beugungsgrenze / Rayleigh-Kriterium: minimale Distanz, um zwei Lichtquellen unterscheiden zu können (250 nm in Fluoreszenzmikroskopie) – man kann mit einer bestimmten Mikroskoptechnik nicht beliebig hoch auflösen, Details erkennen
- Beugungsgrenze austricksen:
- Strukturierte Beleuchtung (SIM – Structured Illumination Microscopy)
- Moiré-Effekt – Muster in verschobenen Gittern: Gitter mit Anregungslicht, verschieben, um 60 Grad drehen, wiederholen
- Fouriertransformationen – braucht viel Rechenleistung und gute Programme
- freie, quelloffene Software fairSIM
- mit GPU-Unterstützung im Jahr 2017 schneller als kommerzielle Software (in der Regel mit Mikroskopen verkauft): pro Bild 30 Millisekunden statt 2 Minuten
- Stimulierte Emissionsverarmung (STED)
- Lasertechnik
- Einzelmolekül-Lokalisation (zum Beispiel dSTORM: direct STochastic
Optical Reconstruction Microscopy)
- massenhaftes Fitting von Signalen – braucht viel Rechenleistung und gute Programme
- Strukturierte Beleuchtung (SIM – Structured Illumination Microscopy)
- für STED und Einzelmolekül-Lokalisation gab es 2014 den Nobelpreis in Chemie
- Structured Illumination Microscopy zusammen mit Einzelmolekül-Lokalisation zum Beispiel nützlich in Diagnostik von Leberzellen
- »Rohdaten sind geil!«
- dSTORM
- mit einer Chemikalie und einem Laser werden die Farbstoffe der Probe
so beeinflußt, daß nur noch wenige aktiv sind und gelegentlich
aufleuchten; einzelne Moleküle blinken auf, viele tausend
Einzelbilder (Rohdaten) werden in der freien Software rapidSTORM
oder thunderSTORM zu einem Bild zusammengesetzt (rekonstruiert),
welches dann die ganze Struktur zeigt
- einzelne Signale immer noch beugungsbegrenzt, unscharf, aber man weiß, daß es eine Punktquelle ist – die Auflösung hängt nur noch von der Anzahl der Photonen ab und nicht mehr von den Beschränkungen der Optik; Auflösung wird besser
- mehrere Farben nicht so einfach (chromatische Aberration)
- Spectral Demixing dSTORM (SD-dSTORM) – Farbe aus Rohdaten
- 3D-Rekonstruktionen möglich
- mit einer Chemikalie und einem Laser werden die Farbstoffe der Probe
so beeinflußt, daß nur noch wenige aktiv sind und gelegentlich
aufleuchten; einzelne Moleküle blinken auf, viele tausend
Einzelbilder (Rohdaten) werden in der freien Software rapidSTORM
oder thunderSTORM zu einem Bild zusammengesetzt (rekonstruiert),
welches dann die ganze Struktur zeigt
- Größenvergleich: ein Vesikel hat einen Durchmesser von 150 nm, ein Ein-Cent-Stück von 15 mm; wäre das Vesikel so groß wie ein Stecknadelkopf mit 3 mm Durchmesser, müßte das Centstück 300 m groß sein – das sind drei Fußballfelder
- für hohe Auflösung benötigt man in der Regel viele Bilder und viel Zeit, das ist für schnelle dynamische Prozesse in der Biologie nicht immer geeignet
- »Basteln ist Wissenschaft! Wissenschaft ist Basteln!«
- Mikroskope selber bauen
- diverse Hardware ansteuern mit µManager
(basiert auf ImageJ)
- SD-dSTORM besteht aus 20 Geräten von 12 unterschiedlichen Herstellern, alle können mit µManager angesteuert werden
- auch für 12-Euro-USB-Mikroskope vom Online-Versandhändler …
- auch Arduino
- Lokalisationsmikroskop
- kommerziell: 800.000 Euro, 2 Farben, 25 nm Auflösung
- selbst gebaut: 20.000 Euro, 2 Farben, 40 nm Auflösung
- SIM
- kommerziell: 1 Million Euro, 4 Farben, 2 Minuten Bildrekonstruktion
- selbst gebaut: 25.000 Euro, 3 Farben, 30 ms Bildrekonstruktion (mit fairSIM)
- bei Selbstbaumikroskopen Standardobjektive verwenden
- bei Selbstbaumikroskopen an Okularen, Stativen (Filtern), Kästen, Komfort, Wartung, Garantie sparen, die es bei kommerziellen gibt
- diverse Hardware ansteuern mit µManager
(basiert auf ImageJ)
- Warum sieht man so wenige Mikroskopbilder? (Auch verglichen mit den
vielen Teleskopbildern von Astronomen?)
- Open Data, Open Source, Open Science, Open Access ist in den Lebenswissenschaften noch nicht verbreitet
- man beschäftigt sich lange (Wochen) damit, die zu mikroskopierenden Zellkulturen vorzubereiten
- Mikroskopie schafft Daten, nicht nur Bilder
- Zellen »laufen« auch schon mal vor Lasern weg