Für Donnerstagnachmittag wird eine Pressekonferenz mit größter Spannung erwartet, in der wahrscheinlich verkündet wird, ob die LIGO-Experimente in den USA (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) in Washington und Louisiana Gravitationswellen direkt beobachten konnten.

Gravitationswellen wurden von Albert Einstein vor hundert Jahren mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt, sie konnten bisher jedoch noch nicht direkt beobachtet werden. (Es gibt aber indirekte Hinweise.)

Materie ungehindert durchdringende Gravitationswellen entstehen, wenn sich Massen bewegen. Große Massen wie Schwarze Löcher, Neutronensterne oder Supernovae-Sternenexplosionen erzeugen Gravitationswellen, die mit heutigen Instrumenten auf der Erde wie LIGO nachgewiesen werden können. Gravitationswellen verändern den Raum durch kurzzeitiges winziges Dehnen oder Stauchen.

Davide Castelvecchi hat bei Spektrum.de beschrieben, was mit der Beobachtung von Gravitationswellen möglich wird: Gravitationswellen: 6 Fragen, die uns Gravitationswellen beantworten könnten vom 2016-02-09. (Das ist eine Übersetzung seines englischsprachigen Texts Gravitational waves: 6 cosmic questions they can tackle vom 2016-02-09.)

Kurz von mir zusammengefaßt:

  • Die Existenz Schwarzer Löcher wird mit Gravitationswellen bewiesen. Bisherige elektromagnetische Beobachtungen können nur das Licht um Schwarze Löcher herum beobachten, nicht Schwarze Löcher selbst.

    Gravitationswellen ganz bestimmter, extrem energiereicher Form entstehen bei der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher. Und diese könnten durch LIGO beobachtet worden sein.

  • Hat das vermutete Elementarteilchen der Schwerkraft, das Graviton, eine (winzige) Masse? Dann müßten sich Gravitationswellen mit etwas geringerer Geschwindigkeit als Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.

    Das Elementarteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung, das Photon, hat keine Masse und bewegt sich deshalb mit Lichtgeschwindigkeit. Empfängt man Photonen und Gravitationswellen von einem Ereignis, kann man die Frage der Masse des Gravitons beantworten.

  • Falls es kosmische Strings gibt, könnten diese beim »Knicken« bestimmte Gravitationswellen aussenden. Diese bestimmten Gravitationswellen könnten also auf die Existenz dieser kosmischen Strings hinweisen.

  • Neutronensterne sollten aufgrund ihrer extremen Masse perfekte Kugeln mit einem bis wenige Dutzend Kilometer Durchmesser sein, die extrem schnell rotieren. Es könnte jedoch winzige, millimetergroße Unebenheiten der Oberfläche geben, die bei der hohen Rotationsgeschwindigkeit Gravitationswellen in Form einer Sinuswelle aussenden würden.

    Auch zwei sich anziehende Neutronensterne würden bei ihrem spiralförmigen Annäherungen und nachfolgend ihrer Fusion zu einem schwereren Neutronenstern oder dem Zusammenfall in ein Schwarzes Loch Gravitationswellen aussenden.

  • Manche Sterne werden zu ihrem Lebensende Neutronensterne, andere Schwarze Löcher. Letzteres könnte Supernovae vom Typ II auslösen. Gravitationswellen könnten Supernovae analysieren helfen.

  • Die Rotverschiebung, geeicht an Supernovae des Typs Ia, des sich ausdehnenden Universums ermöglicht eine ungefähre Entfernungsbestimmung. Gravitationswellen könnten die Genauigkeit erhöhen.

Ausführlicher beschreibt der Astronom Dr. Florian Freistetter Gravitationswellen:

Sollten Gravitationswellen nun direkt beobachtet werden können, werden sie – mit immer mehr und weiter verbesserten Detektoren – viele Informationen über das Universum, Galaxien, Schwarze Löcher, Neutronensterne, Supernovae und vieles Neues liefern.

Nachtrag von 19:16 Uhr:

Tatsächlich wurden am 14. September 2015 von beiden LIGO-Detektoren Gravitationswellen im 0,2 Sekunden langen Signal GW15091 entdeckt, zuerst in Livingston, Louisiana und etwa 7 Millisekunden später in Hanford, Washington.

Sie beschreiben das Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher – auch erstmalig beobachtet –, vor etwa 750 bis 1860 Millionen Jahren bzw. in entsprechend vielen Lichtjahren Entfernung (Mittelwert 1,3 Milliarden).

Ein Schwarzes Loch hatte um 36 und das andere um 29 Sonnenmassen, beide etwa mit 150 Kilometer Durchmesser. Beim Verschmelzen entstand ein rotierendes Schwarzes Loch von 62 Sonnenmassen – die zu 65 = 36 + 29 Sonnenmassen fehlende Masse wurde als Energie durch Gravitationswellen abgegeben.